Erinnert ihr euch noch an die Umstellung zum Euro? Auf einmal haben die Kellner nur noch die hälfte Trinkgeld bekommen, weil die Restaurantpreise einfach erhöht wurden, oft einfach nur die Währung auf der Speisekarte ausgetauscht, aber das Trinkgeld wurde in Mark umgerechnet und halbiert. Da bezahlte man auf einmal für eine Pizza nicht mehr 8 DM, sondern 8 €, ein Glas Wein nicht mehr 4,50 DM, sondern 4 €, aber in der Summe gab es statt 2,50 € (weil die Rechnung 25 € machte) nur 1 € Trinkgeld, denn 2 Mark sind doch genug!
Ich habe mich deshalb immer an der 10 % Regel orientiert und nicht umgerechnet, denn das ist die Faustformel, mit der man immer richtig liegt. Und genauso ist es in einem fremden Land, also zum Beispiel hier in Ägypten.
Allgemeines
Es ist bei den Einheimischen üblich, dass immer Einer für alle bezahlt. Deshalb kann es zu Unstimmigkeiten kommen, auch wenn man bereits zu Beginn um getrennte Rechnungen gebeten hatte.
Der nächste Unterschied liegt darin, dass die Aufgaben eines
Kellners, im Gegensatz zu Europa, hier in verschiedene Arbeitsschritte auf verschiedene Mitarbeiter aufgeteilt wird. Einer platziert, einer nimmt die Bestellung an, einer bringt die Speisen, einer räumt ab, einer kassiert und der niedrigste Rang säubert die Tische. Das liegt daran, dass man möglichst vielen Mitarbeitern Arbeit geben möchte.
Eine weiterer, eklatanter Unterschied ist der Endpreis auf der Menükarte. Achten Sie immer darauf, ob in den Preisen 12 % Service und 14 % Steuern enthalten sind. Im Gegensatz zu Deutschland, wo es gesetzlich vorgeschrieben ist, „Inklusivpreise“ anzugeben, hat man hier den Spielraum, die Preise ohne Service oder/und Steuer auszuweisen. Da kann man schon mal erschrecken, wenn aus dem vermeintlich günstigen Restaurantbesuch ein relativ teurer wird, weil auf einmal 26% mehr bezahlt werden muss.
Paradoxerweise bemerke ich immer wieder, dass Gäste vollkommen entsetzt über die geringen Löhne sind, trotzdem beim Trinkgeld knausern, oder sie wissen einfach nicht, was üblich ist.
10 % der Rechnungssumme gibt man dem Kellner extra als Trinkgeld!
Achtung:
Die 12 % Servicegebühr bedeutet nicht, dass die der Kellner erhält! Deshalb entbindet es den Gast auch nicht vom Trinkgeld. Die Servicegebühr ist für die Bezahlung des Personals, also für alle!
Hinweis:
Ägypten hat etwa 110 Mio. Einwohner. Der Mindestlohn wurde von 2000 LE vor 10 Jahren, als der Umrechnungskurs noch 1 € zu 8 LE war, inzwischen auf 4200 LE angehoben, obwohl heute der Wechselkurs etwa bei 1 zu 50 liegt. Trotzdem ergibt es keinen Sinn, das Gehalt in Euro umzurechnen und mit europäischen Gehältern zu vergleichen. Der Mindestlohn sollte einfach im Hinterkopf behalten werden, damit der Wert des Geldes hier besser eingeschätzt werden kann.
Wann und wie bezahlt man im Restaurant?
Tatsächlich ist es hier in Ägypten sehr einfach. Man informiert den Kellner, der die Bestellung aufgenommen hat, dass man bezahlen möchte. Entweder prägt man sich den ägyptischen Satz ein: „Low sama7t, el Check, min fadlak.“, oder man gibt ein Zeichen, in dem man, auch mit „Low Sama7t“, auf sich Aufmerksam macht und dann die Handkante der einen Hand auf die flache Handinnenseite der anderen Hand legt.
Wer mit Kreditkarte zahlen möchte, zeigt diese einfach oder sagt dem Kellner „Visa, min fadlak“.
Die Rechnung wird in einer Mappe oder einem Kästchen gebracht. Nachdem die Summe kontrolliert wurde, besonders wenn man eine Aufsplittung wollte, legt man dann das Bargeld zur Rechnung in die Mappe und gibt diese dem Kellner, der dann das Wechselgeld darin zurückbringt. Jetzt lässt man einen Teil des Wechselgeldes in der Mappe oder legt etwas dazu. Wenn man das komplette Restgeld als Trinkgeld geben möchte, dann gibt man einfach die Mappe direkt wieder zurück mit dem Wort „shukran“.
Tipp:
Wer mit Kreditkarte bezahlt sollte trotzdem 10 % des Rechnungsbetrages als Trinkgeld in bar in die Rechnungsmappe legen.
Hinweis:
Achtung, die Kreditkartenlesegeräte haben inzwischen die Zahlentastatur verändert, damit niemand durch Beobachtung die Geheimzahl nachvollziehen kann. Bedeutet jedoch, genau auf das Lesegerät schauen!
Wem gibt man wie viel?
Wie bereits erwähnt, sind die Löhne hier sehr gering. Und tatsächlich wird auch in Berufen, die üblicherweise ein Trinkgeld bekommen, dies mit einkalkuliert.
Hinweis:
Münzen in Fremdwährung können nicht getauscht werden! Deshalb bitte Trinkgeld immer in Scheinen geben. Stand 10/24 ist der Umrechnungskurs etwa 1 € - 50 LE. Aus den Geldautomaten bekommt man meist 200 LE Scheine, die ca. 4 € entsprechen. An der Rezeption kann man diese in kleinere Scheine wechseln.
Wer üblicherweise Personal 1 oder 2 Euro geben möchte, gibt demnach 50 oder 100 LE.
Dem Zimmerpersonal kann man gut je 200 LE/5 € Schein zu Beginn, in der Wochenmitte und zum Ende einer Woche auf das Bett legen.
Busfahrern/Bootscrew gibt man auch zwischen 50 LE und 100 LE pro Gast.
Einem Dienstleister gibt man 10 % von der Rechnung. Also Chauffeure, Reiseführer, Kellner im à la Carte Restaurant.
Öffentliche Toiletten 20 LE
Taxi/Uber/... je gefahrener KM 0,20 €/10 LE plus 20 % Trinkgeld
Euro oder ägyptische Pfund?
Ich wiederhole mich gerne: Bezahlt werden sollte in Euroscheinen
oder ägyptischen Pfund. Euromünzen sind respektlos gegenüber den Menschen hier.
Sie bleiben natürlich höflich und nehmen sie an, können jedoch nichts damit anfangen und müssen das Geld aktiv bei den Touristen wieder in Scheine tauschen. Für Mitarbeiter der Tourismusbranche mit Kundenkontakt mag das kein Problem sein. Für den Roomboy, Gärtner oder der Toilettenfrau ist es beschämend, fremde Menschen ansprechen zu müssen, um die Münzen zu wechseln.
Ja, selbstverständlich wollen sie lieber Euros, jedoch in kleinen Scheinen. Und Ägypter dürfen nicht mit Euros oder Dollars von der Polizei aufgegriffen werden, da der Besitz von Fremdwährung, außer für Geschäftsleute im Tourismus, nicht erlaubt ist.
Die Euroscheine können von den Mitarbeitern in den ATM Automaten des Hotels direkt gewechselt werden, aber auch von jedem Touristen.
Wenn also jemand Sie bittet, Münzen zu tauschen, dann machen Sie das bitte und nehmen die Münzen mit nach Deutschland! Aber Achtung: die 1 Gineeh Münze sieht dem Euro sehr ähnlich!
Fazit
Ich hoffe, mit meinem Beitrag ein bisschen die Unsicherheit bezüglich des Trinkgeldes genommen zu haben. Übrigens, auch zu viel Trinkgeld ist nicht gut, denn dann wird die Erwartungshaltung aller höher. Trinkgeld ist und bleibt ein freiwilliges Geben für freundlichen und umsichtigen Service.